2018: Die Lästerschule
„Haben Sie schon gehört?“ „Nein wirklich? Das muss ich gleich weitererzählen!“ Die Lust, hinter dem Rücken anderer sich über deren Leben auszulassen, ist wohl so alt wie die Menschheit selbst. Und mit schöner Regelmäßigkeit werden aus reinen Mutmaßungen frei erfundene, tolldreiste Geschichten, die nicht selten für die betroffene Person äußerst unangenehme, wenn nicht sogar existenzbedrohende Folgen hat.
Der englische Dramatiker und Politiker R. B. Sheridan wusste dies aus eigener, schmerzlicher Erfahrung und hat mit seiner Komödie „Die Lästerschule“ der Verleumdung ein humorvolles Denk- und Mahnmal gesetzt.
Um der Langeweile ihres dekadenten Daseins zu entkommen, vertreibt sich eine Gruppe intriganter Lästerer der sogenannten besseren Gesellschaft ihre Zeit mit der Verbreitung haarsträubender Gerüchte über ihr Umfeld. Dabei schreckt vor allem ihre Wortführerin, die skrupellose Lady Sneerwell (Christina Jakobs), nicht davor zurück, mit Rufmord ihre Ziele zu erreichen. Sie hat ein Auge auf den jungen, aber mittellosen Charles Flynn (Lucas Müller) geworfen, der jedoch in die junge Maria (Ann-Kathrin Stengel), eine emanziperte, junge Dame, verliebt ist. Um die beiden auseinander zu bringen, verbündet sie sich mit Charles’ heuchlerischem älteren Bruder Joseph (Markus Mohr), der seinerseits vergeblich um Maria wirbt. Gerüchte und frei erfundene Skandalgeschichten sollen die Liebenden auseinanderbringen. Die Verbreitung dieser Lügen übernehmen bereitwillig die Bekannten aus der englischen High Society: die geschwätzige Mrs Candour (Debora Thomas-Chmielus) sowie das skurrile Tante-Neffe-Gespann Mrs Crabtree (Trudel Becker) und Sir Benjamin Backbite (Guntram Raquet).
Der Plan scheint aufzugehen, bis unerwartet der reiche Erbonkel Sir Oliver (Andreas Kelly) aus Ostindien zurückkehrt, um sich selbst ein Bild von dem ungleichen Brüderpaar zu machen. Zusammen mit seinen alten Freund Rowley (Alfred Stengel) und dem Pfandleiher Slick (Dietmar Walter) will er den Ruf seiner Neffen persönlich inkognito auf den Prüfstein stellen.
Einen weiteren amüsanten Handlungsstrang stellt das ungleiche, frisch verheiratete Paar Sir Peter (Wolfgang Braunstein) und Lady Teazle (Miriam Steinbacher) dar, das sich bereits seit der Trauung in den Haaren liegt und ebenfalls droht, dem Club der Lästerer zum Opfer zu fallen, da sich die junge Ehefrau scheinbar liebend gerne von diesen für deren Intrigen einspannen lässt…
Die Uraufführung 1777 in London wurde ein sensationeller Erfolg und das satirische Lustspiel in der Presse euphorisch gefeiert. Laut dem Urteil Lord Byrons handelt es sich um „die beste Komödie“ in England und zählt dort heute noch zum Standardreportoire. Sie bereitet bereits die Stücketradition von Oscar Wilde und George Bernhard Shaw vor. Die Rollen der Lady Teazle und des Sir Peter sind bei zahlreichen bekannten Darstellern äußerst beliebt. Unter anderem Sir Laurence Olivier und seine Frau Vivian Leigh konnten mit diesen wundervollen Charakterrollen große Erfolge verbuchen.
Das Dramatische Hoftheater hat sich dieser in Deutschland kaum beachteten Komödie angenommen, da sie im Zeitalter von „Fakenews“ und „alternativen Wahrheiten“ eine enorme Aktualität gewonnen hat, die auch der heutigen Gesellschaft einen bitterbösen Spiegel vorhält.
Besetzung:
Sir Peter Teazle: Wolfgang Braunstein
Lady Teazle, seine Frau: Miriam Steinbacher
Maria, Sir Peters Nichte: Ann-Kathrin Stengel
Sir Oliver Surface, ein reicher Onkel aus Ostindien: Andreas Kelly
Joseph Surface, Neffe von Sir Oliver: Markus Mohr
Charles Surface, Bruder von Joseph: Lucas Müller
Lady Sneerwell: Christina Jakobs
Mrs Candour: Debora Thomas-Chmielus
Sir Benjamin Backbite: Guntram Raquet
Mrs Crabtree: Trudel Becker
Jack Careless, Freund von Charles: Guntram Raquet
Rowley, Familienfaktotum der Surfaces: Alfred Stengel
Snake, Gerüchteverbreiter: Lucas Müller
Moses Slick, Pfandleiher und Makler: Dietmar Walter